Die Begriffe agil und lean sind in jüngster Zeit in aller Munde und das bis hinein ins Topmanagement auf der C-Ebene. Gerne werden die beiden Begriffe auch synonym verwendet. Aus meiner Sicht ist jedoch weder das Eine das Andere, noch das Andere das Eine. Höchstens könnte agil ein Teil von lean sein, andersherum jedenfalls eher nicht.

Agil
Der Begriff agil stammt aus dem Bereich der Softwareentwicklung und ist begründet auf dem agilen Manifest nach Kent Beck und einigen anderen aus dem Jahre 1999:
“Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans”
Zu den agilen Methoden gehören Design Thinking, Scrum, Kanban oder eXtrem Programming. Einige dieser Methoden, wie beispielsweise Scrum, werden überwiegend in der IT- und in Softwareentwicklungsprojekten eingesetzt. Agile Softwareentwicklungsmethoden werden häufig den Projektmanagement Methoden zugeordnet. Aus meiner Sicht wird es dem jedoch nicht ganz gerecht, da Projektmanagement doch z. B. immer sehr viel mehr mit Stakeholdermanagement, Organisationsmanagement, Risikomanagement etc. zu tun hat. Lediglich lassen sich agile Vorgehensmethodiken innerhalb eines Projektmanagementüberbaus durchaus effektiv einsetzen. Diese sind dann die sogenannten agilen Inseln innerhalb eines Projektes.
Lean
Bei lean geht es im Kern darum Verschwendung zu vermeiden und die Effizienz von Prozessen zu steigern. Der Begriff stammt aus dem Automotive Bereich und wurde 1992 bei Toyata als Toyota-Produktions-Systems in der Industrieproduktion eingeführt. Der Begriff des Lean Management stammt aus dem Anfang der 1990er-Jahre erschienenen Buch mit dem Titel „Die zweite Revolution in der Automobilindustrie“. Die Autoren James P. Womack, Daniel T. Jones und Daniel Roos waren Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology.
Die Begriffe lean sowie auch agil kommen heute auch in den nicht mehr urspünglichen Geschäftsbereichen zum Einsatz.
Lean vs. Agil
In der folgenden Tabelle finden sich einige wesentlichen Unterschiede zwischen agil und lean:
Lean |
Agil |
Fokus auf den Prozess |
Fokus auf das Produkt und den Kunden |
Fokus auf die Vorbereitung |
Fokus auf die Durchführung |
Hohe Priorität für Standardisierung |
Hohe Priorität auf Veränderungen reagieren zu können |
Verschwendung vermeiden und Effizienz steigern |
Geringen bürokratischem Aufwand betreiben |
Kontinuierliche Verbesserung |
Iteratives Vorgehen |
Starke Regelung |
Wenige aber wichtige Regeln für selbstorganisierte Teams |
Die Punkte aus der Tabelle sollen sich nicht zwingend gegenseitig für agil und lean ausschließen, jedoch zeigen sie die gegensätzlichen Schwerpunkte.
Lean-Startup
Beim Thema Lean-Startup handelt es sich um eine Kombination von verschiedenen Methoden, die zum Teil auch den agilen oder den lean Ansätzen zuzuordnen sind. Es geht dabei um die schnelle und effiziente Entwicklung und Validierung von Geschäftsmodellen. Es wurde erstmals 2008 von Eric Ries vorgestellt.
Er vertrat die These, dass Startups ihre Produktentwicklungszyklen verkürzen können, indem sie eine Kombination aus Experimenten, iterativen Produkt Versionen und etwas das er “validated learning” (“validierendes Lernen”) nennt einsetzen.
Das Ziel ist es Produkte und Services zu realisieren, die früh die Kundenbedürfnisse erfüllen. Das Geschäftsrisiko soll minimiert werden und es soll vermieden werden, dass in einer initialen Phase allzu große Investments erforderlich sind. So können Produkte oder Services auch getrost einmal im Papierkorb landen. Es geht darum auch Fehler machen zu können, sie auch wirklich zu machen, daraus zu lernen und das Geschäftsmodell nachzukalibrieren (build -> measure -> learn). Die Fehler sind jedoch nicht die Intention. Stattdessen ist es die Intention eine Kultur des Experimentierens zu schaffen. Denn in einer zunehmend komplexen Welt kann Fortschritt nur durch Experimentieren und immer weniger durch Planung erreicht werden.
Agile Workshopformate
Es existieren auch einige Konferenz- und Workshopformate, die gerne in Zusammenhang mit lean und agil gebracht werden, jedoch gar nicht zwingend in eine solche Kategorie gehören, falls eine Kategorie dafür überhaupt existiert. Diese Formate sind dadurch gekennzeichnet, dass die Inhalte und der Ablauf von den Teilnehmern erst zu Beginn selbst entwickelt und im weiteren Verlauf gestaltet werden. Somit sind sie schlank und effizient – also lean – in der Vorbereitung, weil maximal ein übergeordnetes Thema festgelegt werden muss. Zum anderen sind sie dynamisch und flexibel – also agil – in der Durchführung, weil die Agenda während der Durchführung festgelegt und auch angepasst wird. Insofern gibt es bei solchen Formaten keine Teilnehmer, sondern nur Teilgeber, da jeder seinen individuellen Beitrag einbringen soll.
Zu solchen Formaten gehören z.B. Barcamps, welche eine spezielle Tagungsform, nämlich eine sogenannter Unkonferenz ist. Es finden auch Barcamps zu speziellen Themen wie z.B. Projektmanagement oder Social Media statt. Ein Beispiel für ein Workshopformat welches in ein solche Kategorie passen würde ist z.B. das sog. Lean Coffee, bei dem mittels eines an Kanban angelehnten Board die zu Beginn ausgewählten Themen besprochen werden.
In diesem Sinne hoffe ich, dass es jetzt wieder einiges zeroclear ist. 😉